"Ein sicheres Fundament"

Von November bis März bieten Einrichtungen der Berliner Kältehilfe obdachlosen Menschen zusätzlich warme Mahlzeiten und Schlafplätze an. Die Berliner Tafel unterstützt auch diese Projekte mit Lebensmittelspenden und hat einige Einrichtungen besucht.

Die erste Novembernacht ist ungemütlich, es regnet und wird spürbar kälter. Höchste Zeit für die Berliner Kältehilfe-Einrichtungen, ihre Türen zu öffnen, um obdachlosen Menschen eine warme Mahlzeit, einen Schlafplatz und etwas Ruhe zu ermöglichen.

Die Berliner Stadtmission

Mit ihren fünf Notunterkünften und dem Kältebus für insgesamt 3.200 Menschen sorgt die Berliner Stadtmission für Menschen ohne Obdach. Täglich werden in der zentralen Küche an der Lehrter Straße warme Speisen für alle Standorte zubereitet.

Der Weg dorthin führt an der Kleiderkammer vorbei. Hier warten bereits Menschen auf einen warmen Pullover, einen Schlafsack oder eine Decke.

In der Küche angekommen, fällt der Blick zuerst auf die gut sortierte Vorratskammer: „Ordnung und Struktur sind mir sehr wichtig“, sagt Dirk Seliger, der seit anderthalb Jahren als Chefkoch der Kältehilfe für die Berliner Stadtmission arbeitet. Vom 1. November bis zum 31. März ist er verantwortlich für die Zubereitung der warmen Mahlzeiten, die jeden Abend für bis zu 600 Menschen ohne Obdach bereitgestellt werden.

„Heute gibt es Bohneneintopf und Gnocchi mit Fleischsauce. Die Gnocchi hat uns die Berliner Tafel gestern Abend noch zusätzlich vorbeigebracht“, freut sich Klaus Hoppe, der selbst früher obdachlos war. Seit zwei Jahren ist er stellvertretender Koch in der Kältehilfe-Küche.

Jeden Freitag fahren die beiden Köche auf den Großmarkt zur Berliner Tafel. Heute sind es rund 850 Kilogramm Lebensmittel, gestapelt in 82 Kisten: Gemüse, Obst, Brot, Nudeln, Joghurt und Kuchen. „Die Spenden der Berliner Tafel stellen die Arbeit der Berliner Stadtmission auf ein sicheres Fundament“, berichtet Ortrud Wohlwend, Öffentlichkeitsreferentin der Stadtmission. „Es erfordert eine hohe Flexibilität und ein großes Können in der Küche, um täglich mit dem zu arbeiten, was an Lebensmitteln vorhanden ist.“

Dirk Seliger und sein drei-köpfiges Team sind in der Küche der Stadtmission mit Leidenschaft dabei. „Liebe geht durch den Magen und das sollen die Leute auch spüren.“, sagt Martina, ehemals Fahrerin der Berliner Tafel und heute Küchenhelferin in der Stadtmission. Gemeinsam mit ihrem Kollegen Yassin, der vor zwei Jahren aus Äthiopien nach Berlin kam, bereitet sie täglich große Mengen an Zutaten für einen vegetarischen Eintopf und ein Gericht mit Fleisch vor.

Der Einlass zu den Notunterkünften findet um 21 Uhr statt. Nach einer kurzen Mitarbeiterandacht werden die Gäste in den warmen Räumlichkeiten empfangen. Auch Hunde dürfen mit in die Unterkunft. Dann wird gegessen, geredet und geruht.

Das AWO-Kiezcafé

Einen Ort der Ruhe, der Wärme und Geselligkeit finden obdachlose Menschen auch im AWO-Kiezcafé an der Petersburger Straße. Von November bis März öffnet die Tagesstätte zusätzlich nachts von 20 bis 8 Uhr morgens; das Café bietet seinen Gästen bis zu drei Mahlzeiten pro Tag. Rund 100 obdachlose Menschen nutzen das Angebot im Winter.

Einrichtungsleiterin Nadja Stodden ist es wichtig, dass sich die Menschen hier zu Hause fühlen: „Das bedeutet auch, dass die Betreuer und die Gäste gemeinsam kochen. So können sich alle mit einbringen und gemeinsam entscheiden, was gegessen wird.“

Das Kiez-Café wird immer freitags mit Lebensmittelspenden aus der Beusselstraße beliefert. „Die Arbeit der Berliner Tafel ist Gold wert. Sie lässt mir Zeit für die wichtige Arbeit der sozialen Beratung und Betreuung. So habe ich Zeit für die Menschen. Der organisatorische Aufwand wäre gewaltig, müssten wir die Lebensmittel allein besorgen“, sagt die erfahrene Sozialarbeiterin.

Bei einem Besuch in der Notunterkunft wird die familiäre Atmosphäre spürbar. Im Gemeinschaftsraum sitzen junge und ältere Menschen beisammen, nebenbei läuft ein kleiner Fernseher: „Der wurde uns netterweise gespendet“, freut sich Nadja Stodden. Im Herrenschlafsaal wärmt sich gerade ein Gast auf, der schon seit vielen Jahren auf der Straße lebt und die Einrichtungsleiterin beherzt in die Arme schließt. Gemeinsam posieren sie für ein Foto.

In der Küche ist viel Platz zum gemeinsamen Kochen. „Das Bezirksamt unterstützt uns mit etwa einem Euro pro Bedürftigem pro Tag. Das reicht nicht für Abendessen und Frühstück!“, bedauert Nadja. Obst, Gemüse, Brot und Aufschnitt von der Berliner Tafel geben ihr Spielraum.

Spätcafé Erlöser

Tee, Kaffee, eine warme Mahlzeit und ein Ort der Zusammenkunft – das möchte Edda Straakholder bedürftigen Menschen einmal in der Woche mit dem von ihr mitinitiierten Spätcafé Erlöser ermöglichen. Die hauptamtliche Kirchenmusikerin der evangelischen Kirchengemeinde Tiergarten stand ursprünglich mit in der Küche des Spätcafés, das seit 1997 jeden Samstag von November bis März ab 17 Uhr seine Tore für 40 bis 60 Menschen öffnet.

„Die Berliner Tafel unterstützt uns seit sechs Jahren mit Brot, Aufschnitt und sämtlichen Zutaten für Salate“, freut sich Edda Straakholder. „Die Spenden erleichtern die Kassen der Gemeinde enorm."

Ein Team aus sieben ehrenamtlichen Helfer*innen hält das Spätcafé am Leben. Gemeinsam bereiten sie frische Salate und geschmierte Brote zu, rücken Stühle und Tische, organisieren eine Kleiderkammer, haben ein offenes Ohr für die Gäste und lösen hier und da auch mal einen Konflikt unter den Besucher*innen.

Aufgesucht wird das Spätcafé von Menschen ohne Obdach oder bedürftigen Menschen, denen das Geld für Strom und Heizung fehlt. Viele sehnen sich nicht nur nach körperlicher Wärme, sondern vor allem nach sozialer Nähe. Ein gemeinsames Essen bildet die Grundlage für ein geselliges Zusammensein. „Die Berliner Tafel trägt entscheidend zu diesem Fundament bei“, so Edda Straakholder. Für die Silvester-Feier im Spätcafé wünscht sie sich als besondere Überraschung für die erwarteten 60 Gäste Pfannkuchen von der Berliner Tafel - das sollte doch möglich sein!

Die Berliner Kältehilfeeinrichtungen werden unter anderem durch die Berliner Tafel unterstützt.

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